Wie du als Mann mit deinem Style aus der Masse herausstichst und was den „Berlin Street Style“ auszeichnet: Mode-Fotograf Björn Akstinat versammelt die modischsten Männer und Frauen Berlins in seinem gleichnamigen Foto-Band. Ein Interview über seine Mitentdeckung vom ältesten Hipster Berlins, Günther Krabbenhöft, die modischsten Meilen in Berlin und die besten Outfits von Männern in der Hauptstadt.
Er hat als Mode-Fotograf Günther Krabbenhöft mitentdeckt, er hat in einem spanischen Café seine Idee zum Fotoband entwickelt – und er hat zwei Jahre lang die modischsten Männer und Frauen in Berlin mit der Kamera festgehalten. Seine Erkenntnis: „Je modischer die Männer, desto bereitwilliger ließen sie sich fotografieren.“ Style Statements im Interview mit Björn Akstinat.

„Wenn man nur teure Klamotten mit großen Markennamen präsentiert, zeigt das eigentlich, dass man keinen Stil hat.“
Dein Buch heißt „Berlin Street Style“ – wie sieht er denn aus, der Berliner Style?
Das Typische an Berlin ist, dass es nichts Typisches gibt. Die Masse der Berliner läuft nicht sehr modisch herum. Es sind einige ausgewählte Menschen, die hier herausstechen. Berlin ist die deutsche Stadt, die kreative und experimentierfreudige Menschen besonders anzieht. Wenn man häufiger durch die Stadt läuft, bekommt man die irgendwann vor die Linse. Und: Ich merke als Fotograf seit Jahren, dass Berlin immer schicker wird. Ich finde immer mehr Leute, die mir positiv auffallen.

Wo trifft man dann die modischsten Menschen in Berlin?
Es gibt bestimmte Stadtteile, in denen die Leute besonders experimentierfreudig sind. Da, wo die meisten jungen Leute leben. Am meisten interessant gekleidete Leute sind mir im „Bermuda-Dreieck“ um Hackescher Markt, Weinmeisterstraße und Rosenthaler Platz begegnet. Da musste ich nicht lange warten, um jemanden fotografieren zu können. In Friedrichshain sind viele Leute eher schlampig gekleidet, auf dem Ku’damm wiederum eher schick mit teuren Marken. Das hat mich nicht so interessiert. Wenn man nur teure Klamotten mit großen Markennamen präsentiert, zeigt das eigentlich, dass man keinen Stil hat.
„Arm, aber sexy“, hat Klaus Wowereit Berlin als Stadt beschrieben. Gilt das auch für den Berlin Street Style?
Ja, ein bisschen. Die, die nicht die teuren Markenklamotten zur Schau tragen, kaufen oft gebrauchte Dinge, kombinieren diese neu oder arbeiten sie noch mal um. Es ist typisch für einige Berliner Stadtteile, dass günstige Kleidung aufgepeppt wird. Aus „armer“ Mode machen sie also Mode, die reich an Eleganz ist und zuweilen auch sexy aussieht! Und das ist der große Unterschied zu Städten wie München, Düsseldorf oder Hamburg, wo eher ein schlichter Chic zu sehen ist. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: In Berlin sind die Leute, wenn sie sich verrückt kleiden, sogar noch verrückter als in Paris oder London.

Wie fällt man nun als Mann modisch positiv auf?
Am besten mit bunten Kleidungsstücken – die aber alle zueinander passen und ein harmonisches Gesamtbild ergeben. Außerdem fällt man in Berlin bereits auf, wenn man einen eleganten Anzug trägt. Damit zieht man in Berlin schon die Blicke auf sich. Das merke ich oft selbst. Wenn ich einen Anzug anhabe, bin ich in der U-Bahn häufig der einzige, der einen trägt.
„Man sieht oft Pärchen, wo es ein großes Eleganz-Gefälle gibt zwischen Frau und Mann.“
Die modischen Frauen in deinem Buch sind deutlich in der Mehrheit. War es so viel schwieriger, modische Männer zu finden?
Ganz klar: Ja! Es gibt wenig schicke Männer. Anscheinend ist den Frauen auch relativ egal, was für ein Mann neben ihnen herläuft. Man sieht oft Pärchen, wo es ein großes Eleganz-Gefälle gibt zwischen Frau und Mann. Die Männer laufen neben schicken Frauen oft nur in Turnschuhen und kurzen Hosen her.
Nicht wenige Männer tragen in deinem Bild-Band oft Kleidungsstücke, wie aus einer anderen Zeit: Zylinder, Knickerbocker, Hosenträger – das sieht zuweilen regelrecht verkleidet aus…
Viele dieser Männer lieben die Zeitepochen, aus denen diese Stücke stammen. Und viele schicke Männer sind älter und noch aus früheren Zeiten einen besseren Stil gewohnt. Früher hat man sich eleganter gekleidet.
Geht es jetzt mit der Männermode also nur noch bergab?
Also, bergauf eher weniger.
„Ich finde es nicht wirklich schick, wenn Männer einfach Frauenmode nachmachen. Viel schicker finde ich, wenn Männer Männersachen gekonnt mixen und tragen.“
Es gibt aber viele Beispiele in deinem Buch, die zeigen: Hey, der hat was Neues an! Ungewöhnliche Materialien, Männer-Handtaschen – verändert sich da nicht auch viel gerade in der Männermode?
Ich finde es nicht wirklich schick, wenn Männer einfach Frauenmode nachmachen. Viel schicker finde ich, wenn Männer Männersachen gekonnt mixen und tragen. Mit einem Hut kann man sehr elegant aussehen. Für einen Hut braucht man Mut, und wer mutig ist, ist meist auch experimentierfreudig, zieht was Außergewöhnliches an, gibt vielleicht auch mal einen Euro mehr für Kleidung aus. Mit einem gelben Pullover oder einer roten Hose sticht man meist deutlich aus der Masse heraus. Dann muss man nur darauf achten, dass es nicht zu kunterbunt wird und ein weiteres kleines Element der Kleidung den Hauptfarbakzent wiederholt.
Du würdest also nie eine solche Handtasche zu deinem Anzug tragen?
Das muss jeder für sich beantworten. Ich selbst würde das nicht machen.
Nehmen wir mal den Jordan aus deinem Buch mit der rosa schimmernden Hose. Eine Hose, die nach Barbie schreit und trotzdem an ihm cool aussieht. Wie klappt das?
Entscheidend ist immer, was für ein Typ in der Kleidung steckt. Wenn er eine männliche und lässige Ausstrahlung hat, kann er so etwas tragen. Er steht für mich klar für die Mode der Gegenwart. Er ist zwar kein Ur-Berliner, sondern ein zugereister Australier, aber er steht für die aktuellen Modetrends der Männermode weltweit.
„Berlin bietet die Freiheit, sich so zu kleiden, wie man will – und es meckert keiner.“
Der Philipp trägt wiederum ein sehr mutiges Shirt aus einem Neopren-Stoff und dazu weiße Sandalen und eine Oversized-Hose. Das ist doch ein Spiel mit Schnitten und Materialien, das neue Mode macht?
Stimmt, der hat sogar etwas Maßgeschneidertes an. Der Philipp hatte den Mut, etwas Außergewöhnliches zu tragen. Den habe ich so auf der Straße getroffen und dann in eine ruhige Ecke zum Fotografieren gelotst.
Ich sehe bei vielen Männern ein buntes Mischen von Mode aus den 1970ern, 80ern und 1990ern – wird Mode nur noch ein Zeit-Mix, und ist Berlin deshalb die ideale Stadt hierfür, weil sie eben selbst so vielfältig und experimentierfreudig ist?
Ich habe ja mit den Männern immer auch ein kurzes Interview geführt und dabei gemerkt, dass viele doch ihre bestimmte Lieblingszeit haben und sich entsprechend kleiden. Berlin bietet die Freiheit, sich so zu kleiden, wie man will – und es meckert keiner.
Gefühlt hat Berlin gerade wieder seinen Insel-Status: Hier kann jeder machen was er will und sich anziehen, wie er will – aber das Geld wird dann in Frankfurt, München, Düsseldorf oder Hamburg verdient, wo man sich entsprechend ordentlicher anziehen muss.
Ich war gerade vor ein paar Tagen in Düsseldorf. Man ist als Berliner doch überrascht, wie sauber eine Stadt sein kann. Dort leben einfach die Menschen, die sich teure Mode leisten können. Aber ich wage keine Prognose, wie sich Berlin entwickeln wird. Diese Stadt ist im stetigen Wandel – es kann sich sehr viel verändern. Und ich habe auch schon viele neue Fotoideen im Kopf. Auf jeden Fall will ich die Berliner mit meinem Buch und Blog motivieren, sich schicker anzuziehen. Vielleicht gelingt es ja, Berlin mit als Mode-Hauptstadt voranzubringen. Berlin mag zwar nicht die wirtschaftliche Hauptstadt der Mode sein – die Hauptstadt der Experimentierfreude und Kreativität ist diese Stadt aber allemal!
Björn Akstinat
Midas-Verlag
25 Euro