Michael Michalsky ist Juror bei Germany’s Next Topmodel. Vor dem Finale 2018 erscheint jetzt sein Stil-Buch „Lass uns über Style reden“. Style Statements hat es natürlich gelesen – und muss mit dem „bekanntesten Lifestyle-Designer Deutschlands“ (*hüstel*) mal in der Tat ein ernstes Wörtchen reden…

Es wäre so leicht einen Verriss über Michael Michalsky zu schreiben. Als Juror bei Germany’s Next Topmodel (GNTM) schnarcht er mal vor laufenden Kameras im Zelt, wenn die Model-Mädchen als Challenge in der Wüste übernachten müssen. Und das Publikum schnarcht, wenn er auf dem Juror-Stuhl seine leider oft zu fahrigen Statements gibt. Nicht Schwarz oder Weiß, sondern ein „Das hab ich nicht gesagt“ oder „So will ich das nicht verstanden wissen“. Ja, was denn nun? Genau das bleibt auch die Frage nach der Lektüre seiner Stil-Bibel.

Also, machen wir es doch: Schreiben wir einen Verriss.

Anders übrigens als viele Zeitungen und Magazine, die Michael Michalsky lieber als erstes fragen, wie er den Frühling ins Haus bringt… Überhaupt ist es enttäuschend, wie gefällig und kritiklos deutsche Medien über dieses Buch berichten. Dabei wäre doch ein Designer, der sogar Katzenfutter-Dosen gestaltet, ein wirklich gefundenes Fressen für die Kritik, warum er als „Premium-Designer“ jeden Mainstream-Auftrag annehmen muss.

Wo spiegelt sich bei Michalsky die Message wider?

Michael Michalsky mit seinem Buch Lass uns über Style reden
Foto: Michalsky

Style Statements stellt gerne herausragende Stil-Bücher vor. Iris Apfels Autobiografie zum Beispiel bewegt aufs Intimste. Menschlich, fachlich und stilistisch. Beim Lesen überkommt einen regelrecht Gänsehaut. Michael Michalsky (Jahrgang 1967) bringt ebenfalls mehr als 25 Jahre Fashion-Erfahrung mit: Mode-Designer bei Levis, adidas, MCM – und sein eigenes Premium-Label Michalsky. Überaus erfolgreich agiert er auf den verschiedensten Märkten. Vom Lifestyle-Parfüm, über Sofas, Brillen, Teppiche bis zum Street-Wear-Jäckchen.

Der „bekannteste Lifestyle-Designer Deutschlands“ ist er damit sicherlich nicht, aber doch gut im Geschäft. Sogar mit einer Modelinie für Plus-Size-Models erzielt er Prominenz und Erfolge. Das ist wirklich eine schöne politische Message, aber wo spiegelt sich diese eigentlich bei GNTM wider? Okay, die Kandidatin Pia darf dann doch ein paar Kilo mehr haben als ihre Konkurrentinnen…

Michael Michalsky will mit diesem Style-Buch zu viel

Sein Style-Buch lässt einen leider erstaunlich kalt. Michael Michalsky will zu viel. Seine Grundthese: Style ist mehr als nur Mode. Style umfasst sämtliche Lebensbereiche:

„Für mich geht es um Persönlichkeit, um die Einstellung, die wir gegenüber uns selbst, unserem direkten Umfeld und dem Weltgeschehen vertreten. Um Haltung, Habitus und Kommunikation.“

Das alles liest sich leider in einem „quasireligiösem Duktus“, wie die Süddeutsche Zeitung zurecht vorwarnt. Amen.

Und als wäre das noch nicht genug, bringt er auch jede Menge Biografie unter. Wie er als junger Mann seine Heimat – das Kaff Bad Oldesloe nordöstlich von Hamburg – verließ, nach London ging und von dort durchstartete. Das überfrachtet die 220 Seiten enorm und jedes Mal, wo es handfest werden könnte, wo konkrete Styling-Tipps fallen sollten – da belässt es Michalsky, oder vermutlich eher ein Ghost-Writer (auch eine Frau ist selbstverständlich möglich) bei Phrasen und Plattitüden. Und genau das ist unser Kritikpunkt an diesem Buch: Es will Style mehr Tiefgang geben – bleibt aber selbst seitenweise an der Oberfläche. Mit Allgemeinplätzen ist Lesern aber wenig geholfen. Wo handfeste Styling-Tipps gebraucht würden, verharrt es bei der Ansammlung von leicht zitierbaren Statements.

Buch Michael Michalsky Lass uns über Style reden
Buch-Cover Lass uns über Style reden. Foto: Edel Verlag

„Stärke deinen Style“ könnten wir jetzt als Styling-Tipp festhalten. Aber wie? Konkret? In unserem Alltag? Das sind die Tipps, die wir uns als Leser doch wünschen! „Ein klassisches Modebuch kann man das hier auf jeden Fall nicht bezeichnen. Leider wurde das Thema Style für mich auch nicht neudefiniert“, kritisiert ein Leser auf Amazon. Somit unser zweiter Kritikpunkt: Was fügt Michalsky Neues zum Thema Stil hinzu?

Buch-Ziel und Vita passen nicht zusammen

Und dann gleich unser dritter: Buch-Ziel und Biografie passen nicht zusammen. Die Anekdoten rücken Michalsky in ein gutes Licht, aber erhellen sie wirklich die Frage: Was ist guter Stil? Guter Stil, Herr Michalsky, ist übrigens auch nicht, in einem „offenen Interview“ zum Thema Sex zu bekennen, dass man eher auf heterosexuelle Männer stehe und in seinen mehr als 51 Jahren nur maximal eine einjährige Beziehung zustande gebracht habe. Das zeugt leider doch eher von Oberflächlichkeit als Tiefgang. Und als schwuler Mann andere schwule Männer als Sexualpartner auszuschließen, indem man sagt, dass man eher auf heterosexuelle Männer stehe, unterwandert leider das Vielfalts-Plädoyer. Im Buch: ja – im Bett: doch lieber den ‚richtigen Kerl’. Damit versagt man eindeutig als Rollenvorbild für junge schwule Männer. Was ist denn daran die Message? Sei gern schwul, sei anders – aber dann bist du nicht sexy genug für mich?

So ereilt Michalskys Style-Buch das gleiche Schicksal wie Michalskys Statements auf dem Juroren-Stuhl und in Interviews: Sie wollen Vielfalt, Toleranz und Offenheit beschwören – aber die Taten sprechen eine andere Sprache. Ein klares Statement à la Iris Apfel, das mit einem ganzen Leben dafür einsteht, bleibt aus. Die Stil-Ikone hat mit 96 Jahren nichts mehr zu verlieren, und das liest sich auch in ihrer Autobiografie klar heraus. Die Schönheit des Alters ist es doch, niemanden mehr gefallen und gefällig sein zu müssen. Michalsky will hingegen keinen potenziellen Kunden verschrecken; wer als Designer sogar Katzenfutter-Dosen gestaltet, kann scheinbar keine haarsträubenden Fashion-Quotes à la Iris Apfel von sich geben.

Zum Stil gehört auch Haltung

Doch bei aller Kritik möchten wir Michalsky zu Gute halten, dass er sein Buch als Plädoyer für mehr Toleranz und Authentizität fernab des Perfektionsmus-Wahns versteht. Welche Meinung vertrete ich? Wie komme ich authentisch durch den Alltag? Da stimmen wir zu, dass auch diese Fragen zum Thema Stil/Style gehören (müssen). Nur sollten sich Bücher klar zu einem roten Faden bekennen und nicht ausfasernd sämtliche Bereiche unseres Lebens streifen: unsere Sprache, unser Sexleben, Popmusik, Instagram, unser Wohnen und letztlich wie aus Fashion Style wird.

Hätte er sich zu letzterer Frage beschränkt und auf dieses Thema fokussiert – das wäre aus unserer Sicht das richtige Buch geworden. Und nicht so „plätschernd“, „langatmig“, „wenig überzeugend“ oder „Knigge von einem Modedesigner“, wie es weitere Leser kritisieren.

Unser FAZIT:

Lieber Michael Michalsky, um es in den Worten Heidi Klums zu sagen: Wir haben heute leider kein Foto für dich. Deshalb verzichten wir auch an dieser Stelle auf den Amazon-Partnerlink zum Kauf des Buches. Die 17,95 Euro sind für anderes besser ausgegeben.

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