
Mein Interview mit der Bremer Autorin Imke Müller-Hellmann über ihr Buch „Leute machen Kleider“ hat viel Aufmerksamkeit erregt: Mehr als 500.000 Leser haben auf den Spiegel-Online-Beitrag über das wichtige Thema Textilproduktion und Fast-Fashion angeklickt. Es war sogar der Aufmacher der Startseite. Die Autorin hat seitdem eine wahre Flut an E-Mails bekommen. Hier das Interview zum Nachlesen.
Die Bremerin Imke Müller-Hellmann wollte wissen: Wer hat ihre Kleidungsstücke produziert? Wo und wie? Nicht nur Fast-Fashion, sondern auch hochwertige Markenprodukte. Also hat sie sich in den Flieger gesetzt. Sie ist bis nach Bangladesch, Vietnam und China gereist, um die Näherinnen ihrer Kleidungsstücke aufzuspüren.
Hinter den Kulissen der Fast-Fashion
Die Erkenntnis: Es gibt vietnamesische Fabriken, die jeden Tag 11.000 Jeans produzieren. Es gibt Näherinnen, die zwölf Stunden pro Tag und teilweise sieben Tage pro Woche Kleidungsstücke nähen. Und es gibt Millionen Textilarbeiterinnen, die pro Kleidungsstück statt pro Stunde bezahlt werden – und dafür auf Pausen verzichten und Rückenschmerzen sowie ewige Monotonie mit immer gleichen Arbeitsschritten hinnehmen. Nur drei Erkenntnisse von vielen aus der Lektüre des Buches „Leute machen Kleider – Eine Reise durch die globale Textilindustrie“.
Frau Müller-Hellmann, was sind die schlimmsten Zustände, die Ihnen in der Textilproduktion begegnet sind?
Müller-Hellmann: Am meisten hat mich der verseuchte Fluss Buriganga in Bangladesch geschockt. Es gibt 3.000 bis 4.000 Textilfabriken in und um die Stadt Dhaka und viele von ihnen leiten ihre Abwässer in diesen Fluss. Das Wasser ist tiefschwarz und voller Plastik. Der Müll türmt sich meterhoch an den Ufern und auf den Müllbergen wohnen Menschen.
Die traurige Wahrheit ist: Diejenigen, die für unseren wahnsinnigen Kleiderkonsum schuften, haben die Verhältnisse verinnerlicht und akzeptiert.
Wie arbeiten die Menschen in den Textilfabriken dort?
Es ist eine sehr verdichtete, monotone Arbeit. Oft führen die Näherinnen nur einen einzigen Arbeitsschritt aus. Sie arbeiten zehn bis zwölf Stunden am Tag und haben nur einen Tag in der Woche frei, wenn überhaupt.
Was macht das mit den Menschen in den Fabriken?
Mich hat traurig gemacht, dass die Arbeiterinnen in China sogar noch stolz darauf waren, 300 Boxershorts pro Stunde zu schaffen – und dass sie keine Pausen machen, obwohl sie alle zwei Stunden zehn Minuten machen dürften. Sie wären ja schön blöd, erzählten sie, weil sie pro Stück und nicht pro Stunde bezahlt werden. Die traurige Wahrheit ist: Diejenigen, die für unseren wahnsinnigen Kleiderkonsum schuften, haben die Verhältnisse verinnerlicht und akzeptiert.

Sie haben sich auf die Spur Ihrer Lieblingsmarken begeben, die Marken aber nicht genannt. Warum nicht?
Das ist ein kniffliges Thema…
…weil der Anwalt ihres Verlags davon abgeraten hat?
Wir haben in der Tat darum gerungen, welche Namen wir rausnehmen und welche drinbleiben. Jetzt ist es ein Kompromiss: Die Namen der Kleidungsstücke und der Menschen sind drin, in zwei Kapiteln sind die Markennamen geblieben, aber die anderen Markennamen sind raus.
Die Anfragen haben viel Kraft gekostet. Es gibt eine große Angst vor dem Thema.
Mit der versprochenen Transparenz in der Textilindustrie ist es also doch noch nicht so weit?
Die Anfragen an die Marken waren oft anstrengend. Da am Ball zu bleiben, hat viel Kraft gekostet. Es gibt eine große Angst vor dem Thema.
Das komplette Interview könnt ihr auf Spiegel Online nachlesen: Es ist auf der Stil-Seite kostenfrei einsehbar.

Das Buch:
Die Autorin:
- Styling-Tipps: So kauft ihr passend für eure Figur, euren Farbtyp und eure Bedürfnisse ein.
- Shopping-Hacks: So kauft ihr, was ihr wirklich braucht, und vermeidet „Schrankleichen“
- Sale-Fallen erkennen und künftig umschiffen: So seht Ihr beim S-A-L-E nicht mehr (nur) Rot, sondern kauft im Schlussverkauf mit klarem Verstand