Unser Gehirn ist aufs Jagen und Sammeln optimiert. Deshalb handeln wir auch beim Shopping oft irrational. Wir „schießen“ ein Schnäppchen und „fürchten“ uns davor, dass ein anderer Kunde uns das limitierte Angebot wegschnappt. Marketing-Fachleute nutzen diese Schwächen schamlos aus. Doch mit diesen elf Shopping-Tipps, kannst du den Steinzeit-Mann in dir austricksen und günstig shoppen.

„Denkfehler“ nennt der Bestseller-Autor Rolf Dobelli das, was wir beim Shoppen immer wieder machen: Wir handeln systematisch abweichend von der Rationalität, sind weder logisch noch vernünftig, wenn es um Käufe geht. Das Wissen um diese Denkfehler hat dem Schweizer geholfen, viel Geld zu sparen:

Ich erkannte meine eigenen Denkfallen frühzeitig und konnte ihnen ausweichen, bevor sie großen Schaden angerichtet haben. Rolf Dobelli

Denn wer seine Denkfallen kennt, kann sie umschiffen. Mehr noch: Er kann sie sogar zum Vorteil nutzen – und günstiger shoppen.

Günstig shoppen Nr. 1:  Zahlen widerstehen

Hui, ganz schön teuer der Mantel im Schaufenster. Und die Pullover am Eingang – stolzer Preis! Und schon sind wir manipuliert worden, mehr Geld auszugeben. Denn der Ankereffekt hat als Shopping-Falle zugeschlagen: Wir orientieren uns an Zahlen (Anker) für unsere Kaufentscheidung. Sie dienen uns als Anhaltspunkt für den Wert einer Ware. Wissenschaftler haben durch Experimente herausgefunden, dass sogar Telefonnummern oder Sozialversicherungsnummern als Anker dienen. Probanden mit höheren Nummern boten bei einer Auktion fast doppelt so viel für eine Flasche Wein wie die Versuchsteilnehmer mit niedrigeren Ziffern. Absurd!

Die Lösung: Die teuren Preise im Schaufenster sind ein Anker, der zu teuren Kaufentscheidungen führt. Deshalb lieber immer zuerst auf die Material-Qualität und Verarbeitung schauen und nicht vorrangig auf den Preis.

Wer verhandelt, zum Beispiel auf einem Basar im Urlaub, sollte immer das erste Angebot machen (natürlich hat man sich vorbereitet und verglichen). Ein guter Tipp auch für Verhandlungen im Business. Die erste Zahl – und sei es nur eine beiläufige Bemerkung über Honorare mit früheren Auftraggebern – bestimmt tatsächlich den Beginn und Verlauf der Preisverhandlungen.

Günstig Shoppen Nr. 2: dem Halo trotzen

Schöne Menschen machen leichter Karriere. Ihr blendendes Aussehen strahlt auch auf andere Bereiche über. Wir lassen uns von diesem einen Aspekt blenden und schließen von ihm aufs Gesamtbild. Schöne Menschen werden als intelligenter, erfolgreicher und kompetenter wahrgenommen. Deshalb Halo-Effekt (Englisch für „Heiligenschein“).

Das Problem: Das gilt auch für Marken. Auch Produkte einer Marke, die einen guten Ruf besitzt, nehmen wir als qualitativ wertvoll(er) wahr – selbst, wenn es dafür keine objektiven Gründe gibt. Stiftung Warentest zeigt das immer wieder. Markenjeans sind zum Beispiel nicht automatisch besser, weil sie teurer sind. ProSieben hat in der Sendung Galileo herausgefunden, dass sogar Fake-Markenjeans aus der Türkei mit teuren Marken-Jeans mithalten können (siehe Video unten). Der Grund: vor allem Image und Werbung bedingen den teuren Preis. Material- und Herstellungskosten machen dagegen nur einen Mini-Teil aus.

Die Lösung: Auch bei Marken gilt ein genaues Auge für die Verarbeitung und Stoffqualität.

Überall auf der Straße siehst du weiße Sneakers. Was kaufst du also das nächste Mal ein? Unbedingt diese weißen Turnschuhe. „Herdentrieb“ nennen Wissenschaftler das, korrekter „Social Proof“. Wir verhalten uns wie die Mehrheit. Ein Handeln, das tief in uns verwurzelt ist, denn ohne die Sippe waren wir in der rauen Natur der Steinzeit zum Tode verurteilt. Wenn alle plötzlich weglaufen – dann rennst auch du weg. Der Säbelzahntiger ist schnell. Reflektieren kannst du auch nachher. Die, die es nicht getan haben, sind gefressen worden – und haben ihre Gene auch nicht weitergegeben.

Das Problem: Gruppendruck verbiegt den gesunden Menschenverstand, warnt Rolf Dobelli. Wir hinterfragen nicht mehr, sondern folgen Trends blind.

Die Lösung: Sei skeptisch und folge nicht mehr Trends, ohne sie zu reflektieren. Baue die Trends in deine Garderobe ein, die dir stehen, und lasse die anderen liegen. Und wenn du im Internet shoppst: Sei skeptisch, wenn die Shops die „meistverkauften“ Produkte anpreisen.

 

Wenn 50 Millionen Menschen eine Dummheit behaupten, wird sie deswegen nicht zur Wahrheit. Somerset Maugham, Schriftsteller

Günstig Shoppen Nr. 4: Vorsicht bei Geschenken

Der Brief vom Online-Shop war eine große Freude: Man bedankte sich für meinen Einkauf – immerhin 400 Euro – und schickte mir als Dank ein aufwändig gestaltetes Notizbuch. Für meinen nächsten Einkauf würde ich überdies die Versandkosten erlassen bekommen. Willkommen in der Shopping-Falle der „Reziprozität“.

Das Problem: Wir Menschen können es kaum aushalten, bei anderen in der Schuld zu stehen. Das Glas Sekt zur Begrüßung im Shopping-Geschäft dient entsprechend nicht nur zum Lockerwerden – es ist auch ein Geschenk, das wir unterbewusst mit einem Einkauf wieder ausgleichen möchten. Diese Reziprozität hat uns in mageren Zeiten wie kalten Wintern das Überleben gesichert. Motto: Ich helfe dir – du hilfst mir.

Die Lösung: liegt auf der Hand. Geschenke nur mit Vorsicht annehmen. Und wenn, dann dem Drang zum Ausgleich unbedingt widerstehen.

Günstig Shoppen Nr. 5: Alte Preise ausblenden

Neulich habe ich mir ein neues Smartphone gekauft. Und zusätzlich noch neue kabellose Kopfhörer für einen noch mal dreistelligen Betrag gegönnt. Anschließend kaufte ich im Supermarkt ein und ärgerte mich, dass die Salatgurken statt 49 Cent nun 69 Cent kosteten. Ich ärgerte mich über 20 Cent mehr – war aber bereit für die kabellosen Kopfhörer locker einen Betrag über 100 Euro auszugeben! Ich war in der Kontrast-Effekt-Falle.

Sie schlägt immer zu, wenn es um Zahlen geht. Ähnlich wie beim Ankereffekt: Wir haben Schwierigkeiten mit absoluten Beurteilungen – wir müssen Kaufentscheidungen immer in Relation setzen. Wir bestellen Kopfhörer für 150 Euro, weil diese verglichen mit den mehr als 1.000 Euro für das Smartphone eine „Kleinigkeit“ sind. Eine Täuschung.

Auch der Schlussverkauf spielt übrigens mit dem Kontrasteffekt, indem er den Originalpreis auf dem Etikett lässt. Mehr dazu in meinem Artikel Sale-Fallen.

Das Problem: Beim Kauf darf es keine Rolle spielen, was der Ausgangspreis war. Der Preis ist, was er ist, und es ist einzig die Frage, ob das Kleidungsstück diesen aktuellen Preis wert ist. Rolf Dobelli berichtet von Experimenten, die zeigen, dass Leute einen Fußweg von zehn Minuten auf sich nehmen, um bei einem Nahrungsmittel zehn Euro zu sparen. „Aber niemand käme auf die Idee, einen zehnminütigen Weg auf sich zu nehmen, wenn er einen Anzug am anderen Ende der Straße für 979 statt 989 Euro kaufen könnte.“ Warum eigentlich nicht?

Günstig Shoppen Nr. 6: Dem Druck widerstehen

Ein weiterer Bruder des Kontrast-Effektes ist der Knappheitseffekt: Die potenzielle Verknappung des Angebots macht dieses wertvoller. „Nur so lange der Vorrat reicht“, „Limited Edition“ – und schon zucken wir mit der Kreditkarte. „Rara sunt cara“ sagten die Römer: „Seltenes ist wertvoll“.

Das Problem und die Lösung: Auf Knappheit reagieren wir mit dem Verlust des klaren Denkens. Wir beurteilen die Sache plötzlich einzig anhand des Preises. Rolf Dobelli: „Ob ein Gut knapp ist oder nicht, ob irgendein Arzt aus London das Ding auch noch will, darf keine Rolle spielen.“ Es zählt die Qualität.

Günstig shoppen
Shoppen ohne Druck: Lass dich nicht von Sonderangeboten stressen. Foto: istock, Wavebreakmedia

Günstig Shoppen  Nr. 7: „Nein!“ sagen

„Die Verkäuferin war so nett; so hilfsbereit und aufmerksam.“ Wie oft habe ich diesen Satz gesagt, mit den Schultern gezuckt und beschämt auf die volle Einkaufstüte runtergeblickt. Wie oft haben diesen Satz meine Freunde zu mir gesagt. Die Wahrheit ist: Verkäufer/innen quatschen uns in Klamotten rein – sie wollen verkaufen. Nettsein ist ihr Business!

Das Problem: Je sympathischer uns eine Verkäuferin ist, desto geneigter sind wir, von dieser Person zu kaufen. Eine Person ist uns sympathisch, wenn: wir sie attraktiv finden, sie die gleiche Herkunft, Persönlichkeit oder Interessen hat und wenn sie uns sympathisch findet.

Die Lösung: Sympathie hin oder her: Business ist Business und deshalb solltet ihr dies immer unabhängig von der Verkäuferin beurteilen. Wer schwer Nein sagen kann, hier ein geldwerter Tipp: um Bedenkzeit bitten. „Ich überlege es mir noch mal“, „Ich würde es gern zurücklegen lassen.“ Mehr Tipps hier: https://www.zeitzuleben.de/5-tipps-zum-nein-sagen/

Günstig Shoppen Nr. 8: Aufgeben können

Es ist verrückt: Was wir besitzen, empfinden wir als wertvoller, als was wir nicht besitzen. Das heißt: Wenn wir etwas verkaufen, verlangen wir mehr Geld als wir selbst dafür bereit wären auszugeben. Wissenschaftler nennen das den Besitztumseffekt (Endowment-Effekt). Er schlägt gern auf eBay zu, wenn wir etwas versteigern. Aber auch, wenn wir dort mitbieten: Den Ausstieg aus dem Bieter-Wettkampf empfinden wir ebenfalls als Verlust. Das führt zu teils abstrusen Endpreisen.

Die Lösung: Sich nicht an Dinge klammern. Weder als Verkäufer noch als Käufer. Wenn wir auf eBay alte Kleidung verkaufen, werden wir vom Endpreis in der Regel enttäuscht sein. Und wenn wir überboten werden, ebenfalls. Mehr zum Endowment-Effekt auf diesem schönen Blog: http://gedankennahrung.de/endowment-effekt-warum-wir-unseren-besitz-hoeher-bewerten/

Günstig Shoppen Nr. 9: Unperfekt sein

Auf der Suche nach der perfekten Winterjacke habe ich bereits diverse Abende im Internet und Nachmittage in Fußgängerzonen verbracht. Am Ende war ich mit der Wahl nicht zufrieden: Sie war gut – aber eben nicht perfekt. Das ist das „Auswahl-Paradox“. Große Auswahl führt zu Auswahlstress. Wie können wir davon ausgehen, dass wir aus 200 Optionen die perfekte Wahl getroffen haben? Ein Grund übrigens, warum Singles in der Großstadt eben nicht schneller einen Partner finden als auf dem Land. Es könnte ja immer noch ein besserer kommen.

Die Lösung: die perfekte Wahl in unserer heutigen Überflussgesellschaft mit tausenden Artikeln gibt es nicht. Wer sich mit einer guten statt perfekten Lösung zufriedengibt, spart Nerven und Zeit.

Günstig Shoppen Nr. 10: Unbeeindruckt bleiben

„Die Krawatte hat keine Funktion, sie ist nur ein Signal“, so Dobelli. Ein Satz, der sitzt: Die Krawatte ist Autoritätsmode. Wer sie trägt, hat es sichtbar für die anderen geschafft.

Das Problem: Wir lassen uns von einer solchen Autoritätsmode beeindrucken und manipulieren. Doch nur weil ein gut aussehender Verkäufer einen Anzug und eine Krawatte trägt, ist er nicht automatisch kompetent. Ein Berater, der dich in Finanzfragen berät, übrigens auch nicht.

Die Lösung: Sei kritisch gegenüber Autoritäten und Experten. Fordere einen Verkäufer heraus, was er wirklich weiß.

Je kritischer Sie Autoritäten eingestellt sind, desto freier sind Sie. Und desto mehr dürfen Sie sich selbst zutrauen. Rolf Dobelli

Günstig Shoppen Nr. 11: Konsum nicht überschätzen

Wie lange hält die Freude über einen sündhaft teuren Marken-Mantel an? Über eine satte Gehaltserhöhung? Oder sogar über einen stolzen Lottogewinn? Drei Monate. Das hat der Harvard-Psychologe Dan Gilbert herausgefunden. Drei Monate nach der großen Überweisung waren die Probanden genauso glücklich oder unglücklich wie zuvor. Wissenschaftler bezeichnen dies als „Zufriedenheits-Hamsterrad“ (Hedonic Treadmill). Wir arbeiten, leisten uns schöne Dinge – und werden doch nicht glücklicher.

Das Problem: Wir erwarten von Dingen dauerhaft positive Effekte auf unser Glücksempfinden. Rolf Dobelli entgegnet: „Die haben aber vorwiegend damit zu tun, wie Sie Ihre Zeit verbringen.“

Die Lösung: „Sorgen Sie für möglichst viel Freizeit und Autonomie“, rät der Experte. „Tun Sie, was Ihrer Passion am nächsten kommt – auch wenn Sie einen Teil Ihres Einkommens einbüßen.“

Für mich heißt das: Schöne Dingen leisten – ja. Aber nicht, wenn das bedeutet, dass man seine Freizeit opfert sowie Freunde und Familie vernachlässigt, nur um in absurde Gehaltsklassen aufzusteigen. Natürlich ist es schön, in einen hochwertigen Mantel zu schlüpfen und die Freude hierüber kommt aus meiner Erfahrung immer wieder, wenn ich die Dinge benutze und ihre Vorteile genieße.

Aber es gilt auch die wichtige Weisheit des Dalai Lamas: Wir benutzen lieber Dinge – und lieben Menschen. Andersrum ergibt es Chaos. Mehr Weisheiten des Dalai Lamas findest du auf dem schönen und erfolgreichen Blog MyMonk: http://mymonk.de/dalai-lama-zitate/

Zu guter Letzt empfehle ich natürlich das Buch von Rolf Dobelli „Die Kunst des klaren Denkens – 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen“, dtv, 9,90 Euro

Anmerkung: Hierbei handelt es sich um einen Affiliate-Link. Wenn ihr am Buch Interesse habt, kauft es gern über diesen Link. Ich bekomme so eine kleine Provision und kann davon diesen Blog finanzieren. Das Buch empfehle ich euch aber nicht deswegen, sondern weil ich es in der Tat lesenswert finde.

Mehr von Rolf Dobelli: http://www.dobelli.com/