Es gibt Themen, über die kann man als Journalist und Blogger nicht nicht berichten. Der No-Bathing-Trend (auch „Non-Bathing“ oder „Cleansing Reduction“ genannt) ist so ein Trend, auf den sich Medien derzeit geradezu stürzen. Man nehme ein paar Hollywood-Stars als VIP-Faktor, eine wenig erfolgreiche Weltklimakonferenz als Drohkulisse, steigende Warmwasserpreise und die permanente Home-Office-Müdigkeit, sich herauszuputzen, als Alltagssorgen – fertig ist die große Gewissensfrage der Stunde: Sollte ich mich fürs Klima nur noch einmal die Woche duschen? Und ist das auch für mich selbst besser? Wir gehen dem Thema „Richtig duschen“ auf den Grund der Duschwanne. Spoiler: Was gut für das eine Klima sein mag, ist nicht unbedingt gut für das andere.

Jennifer Aniston tut es, Ashton Kutcher und seine Frau Mila Kunis tun es ebenfalls und auch die Hollywood-Stars Jake Gyllenhaal und Brad Pitt: Sie alle verzichten auf das tägliche Duschen. Dem Klima zuliebe. Ist das richtiges Duschen? Oder doch das, was die glasklare Mehrheit der Deutschen (zwei von drei Befragten) bevorzugt: Tägliches duschen?

Richtig duschen und baden: fürs Weltklima oder fürs Betriebsklima

Richtig duschen
Fotos: Unsplash, Toa Heftiba

Die Nachrichten von der Weltklima-Konferenz aus Glasgow sind in der Tat erschreckend. Es sieht so aus, dass wir das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr schaffen werden. Auch das 2-Grad-Ziel der maximalen Erderwärmung wackelt. Sind wir da nicht alle gefragt, Abstriche zu machen und den Gürtel, besser gesagt den Wasserhahn, enger zu ziehen? Wie gut, dass die Strompreise gerade eh in astronomische Höhen schießen. Da kommt die Debatte über weniger Duschen vielen Geizhälsen und Duschmuffeln gerade recht. „Endlich mal ein Trend, der mir folgt!“, schreibt ein Instagram-Follower sarkastisch unter einen Beitrag des Berliner Radiosenders radioeins. Und eine andere Followerin frotzelt:

„Die Frage ist doch wohl eher, wie lange hält es mein Umfeld aus, wenn ich nicht dusche?“

Darf es also auch mal weniger Wasser auf der Haut sein? Im Fall von Jennifer Aniston mag es schwer zu glauben sein, dass die vernarrte Sportlerin (Yoga, Boxen, Laufen) aufs Duschen verzichtet. Zur Erinnerung: Das ist die Frau, die für die Airline Emirates einmal den Werbespot gemacht hat, während eines Flugs alptraumgeplagt aufzuwachen, weil sie in ihrem Traum im Flieger nicht duschen konnte.

Alles Fake? Um ihre Top-Figur zu bewahren, wird die 52-Jährige vermutlich täglich von ihrem Fitness-Coach auf Trab gehalten. Hier nimmt er sie auf den Arm:

Wer bei so einem Sport-Pensum nicht duscht, wird zwar das Klima schonen, aber das Betriebsklima am Film-Set strapazieren. Wir werden müffeln! Für alle, die nicht jeden Tag Sport machen, gibt es hingegen gute Gründe aufs tägliche Duschen zu verzichten:

  • Bei den derzeitigen Allzeithoch-Strompreisen kosten bereits fünf Minuten Duschen 50 Cent. Ich habe das für meine Stadt Berlin ausgerechnet. Das kannst du auch – mit dem Duschrechner der Verbraucherzentrale NRW. Da kommt mann schnell ins Grübeln, ob wir jeden Tag 50 Cent unter der Dusche haben wollen.
  • Unsere Haut ist gar nicht für das tägliche Duschen ausgelegt, mahnen Hautärzte. Die Haut benötige eine duschfreie Zeit, um ihre natürliche Barriere aufzubauen. Sollte man also einen Tag lang nicht ins Schwitzen geraten, wäre die Dusch-Abstinenz eine sinnvolle Sache.
  • Auch viele Hautbeschwerden verbessern sich, wenn wir uns weniger duschen und seifen. Resultate gebe es bereits „nach vier Wochen weniger exzessiver ‚Hygiene’“, sagt die Berliner Dermatologin Yael Adler auf radioeins.
  • No-Bathing ist im Grunde gar kein neuer Trend. Schon vor zwei Jahren kamen dazu Schlagzeilen auf, es handelt sich hier also um den berühmten alten Wein in neuen Schläuchen.

Der No-Bathing-Trend geht sogar noch viel weiter zurück

Den Luxus des täglichen Duschens hatten unsere Großeltern nicht. Vor allem nicht in den Großstädten. Hier gingen die Menschen einmal die Woche in die so genannten Volksbäder. Die Berliner teilten sich eine Badewanne mit warmem Wasser in Badekabinen. Wer beim Münzwurf gewann, durfte zuerst – wer verlor, wenigstens etwas länger im lauwarmen Wasser bleiben. Nachzusehen ist das in der Erfolgsserie Babylon Berlin, Staffel Zwei, Episode Eins.

Erst ab 1870 bekamen die ersten Privatwohnungen Duschen oder Badewannen. Ein Beispiel in Berlin steht in der Heynstraße, die nach dem bürgerlichen Industriellen Fritz Heyn benannt ist, der hier in der Nähe seiner Fabrik ab 1893 in einer vornehmen Stadtwohnung mit seiner Frau und seinen 13 Kindern residierte. Die Badewanne ist gefliest und mit Stufen begehbar. Es gibt sogar einen Duschkopf. Hier kannst du einen Blick ins Bad der Familie Heyn werfen. Ich empfehle den Besuch sehr! Eine kostengünstige und lehrreiche Zeitreise. Heyn hatte sich mit Stuhlrohr, also geflochtenen Sitzflächen für Stühle, das Vermögen verschafft, eine solch luxuriöse Nassanstalt für damalige Verhältnisse zu besitzen.

FAZIT: Richtig duschen und baden

Richtig duschen
Fotos: Unsplash

Back to the roots heißt es bei vielen Nachhaltigkeitsthemen derzeit: das gesunde Fahrrad statt das dreckige Auto, der gute Bio-Sonntagsbraten statt das tägliche Kantinen-Fleischgericht. Das Leben unserer Großeltern wird wieder zum Vorbild. Das gilt auch für richtig duschen. Wir können vom täglichen Duschen ablassen und uns stattdessen wieder gesünder duschen: Mit einem Schwamm oder Waschlappen die Körperstellen, an denen wir uns wirklich schmutzig fühlen. Und eine Ganz-Körper-Dusche deutlich reduzieren. Nein, wir stinken dann nicht! Unsere Haut kann sich selber reinigen, sagt Dr. Yael Adler auf radioeins. Sie schuppt sich ab, sie macht ihre eigenen Pflegefette, sie hat einen Säureschutzmantel. „Deswegen wäre selteneres Duschen keine schlechte Idee!“

Selteneres (richtig) Duschen und Baden geht so:

  • Besser alle zwei bis drei Tage und besser lauwarm als heiß
  • Duschwasser beim Einseifen abstellen (spart Wasser und Energie). Macht gleichzeitig wach!
  • Nur mit Wasser die großen Flächen, mild die schwitzigen Areale. „Dann merkt man nach vier Wochen sogar: ‚Ich muss weniger cremen!’ Die Haut schafft das selber“, sagt Dr. Yael Adler.
  • Milde ph-neutrale Seife benutzen und sparsam einseifen. Naturprodukte sind besser als Fertig-Dusch-Produkte mit viel Chemie, empfiehlt die Zeitschrift Ökotest. Und Stiftung Warentest sagt, gute Körperpflege müsse nicht teuer sein. Entscheide selbst, was dir und deiner Haut gut tut.
  • An den restlichen Tagen „Katzenwäsche“ mit Waschlappen für die Füße, den Intimbereich und die Achseln.
  • Das Gesicht täglich reinigen, am besten mit einem eigenen Gesichtswasser

Und die Haare?

Ich selbst merke zum Beispiel nach dem täglichen Duschen ein Juckgefühl an den Oberarmen und creme mich mit Bodylotion ein. Ist gut – aber besser wäre die Oberarme zum Beispiel nicht mehr ständig einzuseifen, empfehlen Hautärzte. Apropos Empfehlung: Auch die Haare sollten wir keinesfalls täglich waschen, sondern im Idealfall nur alle zwei bis drei Tage. Das beugt Schuppen vor und macht die Haare und Kopfhaut gesünder. Mann kann seine Haare ‚trainieren’, länger ohne Shampoo auszukommen. Ich komme mittlerweile auf zwei bis drei Tage. Am dritten Tag benutze ich Trockenshampoo. Der Tipp einer guten Freundin mit einer langen Mähne. Die Haare werden nach einem kurzen Durchkämmen fettfrei und absolut leicht stylbar. Durch die zusätzliche Schicht haben sie sogar mehr Struktur und damit mehr Griff. Der gute alte Spruch „Weniger ist mehr“ stimmt folglich bei der Gewissensfrage: Weniger Duschen ist mehr für die eigene Haut. Und fürs Weltklima!

Nachtrag: Buch-Tipp „Natürlich waschen!“

Kurz vor Veröffentlichung dieses Blogbeitrags erreichte mich noch das endlich auf Deutsch erschienene Buch des US-Amerikaners: James Hamblin „Natürlich waschen! Was unsere Haut wirklich gesund hält“ aus dem Kunstmann-Verlag. Ich werde es euch separat in einem ergänzenden Blogbeitrag vorstellen.

Weitere Gewissensfragen auf Style Statements:

  1. Ist die Zeit für Trends durch Corona vorbei?
  2. Fast-Fashion: Darf ich ein T-Shirt für 1,50 Euro kaufen?
  3. Stil-Kritik: Darf ich die Kleidung eines anderen kritisieren?

Hast du auch eine Gewissenfrage, die dir wichtig ist? Dann schreib mir gern einen Kommentar hier unter diesem Blogbeitrag.