„Der Barack-Obama-Moment der Modewelt“: Virgil Abloh löst Kim Jones als Kreativdirektor für Menswear bei Louis Vuitton ab. Ein Paukenschlag in der Tat, denn damit steht zum ersten Mal ein afro-amerikanischer Designer an der Spitze des französischen Modehauses. Wer ist der Mann aus den USA? Warum macht Louis Vuitton das? Und wie wird es mit der Marke nun weitergehen?

Die Nachricht hat am Montag für einen Paukenschlag in der Modepresse gesorgt: Virgil Abloh (Jahrgang 1980) wird der neue „Artistic Director“ für Menswear bei Louis Vuitton. „Der Barack-Obama-Moment der Modewelt“, applaudieren zum Beispiel Dandy Diary. Damit löst er Kim Jones ab, der zu Dior wechselt (ebenfalls längst einverleibt von der LVMH-Gruppe). Damit bekommt Louis Vuitton – eines der mächtigsten und ältesten Modehäuser Frankreichs – zum ersten Mal einen Designer mit afro-amerikanischen Wurzeln. Damit bekommt Paris neben Balmains Kopf Olivier Rousteing einen zweiten Designer mit dunkler Hautfarbe. Damit bekommt die Modebranche auch auf Designerseite mehr Vielfalt, die sie dringend gebrauchen kann.

Ein Street-Wear-Designer für die Luxusmarke

Da wäre zum Beispiel die Luxus-Marke Louis Vuitton selbst, die gerade imagemäßig von Gucci überholt wird. Louis Vuitton setzt nun mit Virgil Abloh ausgerechnet auf einen Street-Wear-Designer. Abloh hat sein Label Off-White 2014 erfolgreich gegründet, „seine Mode ist auf stilvolle Weise prollig“, schreibt die ZEIT 2017 in einem Porträt über den Designer.

Auf jeden Fall ist sie für Street Wear hochpreisig: T-Shirts kosten 250 Euro, Sweatshirts 400 Euro, Mäntel: mehr als 1.000 Euro. Dafür müssen Männer schön schuften. Hinzu kommen lukrative Kooperationen wie mit Jimmy Choo, Nike und sogar Ikea in Form eines Teppichs.

Virgil Abloh macht hochpreisige Street Wear

In seiner neuen Kollektion trifft Mona Lisa als Print auf 1990er-Baggy-Hosen, Caravaggio auf Hosen mit schwarz-weißen Längstreifen. Gemeinsam mit Demna Gvasalia von Vetements habe Abloh die Modewelt nicht weniger als „revolutioniert“, schreibt die Vogue. Streetwear hat die Luxusmode enorm beeinflusst, aufgewühlt und verändert. Der Trend ist von unten ge- und in den Luxushäusern längst angekommen.

„Dieser Designer lebt und denkt wie ein Rapper“

Und woher kommt Virgil Abloh? Die wichtigsten Lebensdaten an dieser Stelle schnell zusammengefasst (wirklich schnell): Jahrgang 1980, geboren in Illinois USA (der Bundesstaat mit Chicago), seine Eltern kommen aus Ghana. Schon auf der High-School lernt er seine heutige Frau Shannon Sundberg kennen, mit der er eine Tochter und einen Sohn hat. Seine Teenagerjahre seien das Fundament für sein späteres kreatives Schaffen, erzählt er: Suburban-Kid, Skateboarder, Nirvana-Fan, Beastie Boys, Rapper. „Dieser Designer lebt und denkt wie ein Rapper“, schreibt die WELT. Als DJ legte er sogar im Berliner Berghain auf.

Er studierte Bauingenieurswissenschaften und Architektur, war Art Director unter dem als äußerst schwierig geltenden Kayne West. Mit ihm ist er bis heute sogar befreundet. Jedes Nein habe er in seinem Leben als Ansporn empfunden, sagt er: „Jedes Nein ist perfekt für mich. Ich wachse an einem Nein.“

Und jetzt das „Ja“ von Louis Vuitton, wo man ihn schon durch einen Nachwuchspreis kennt. Mit dem CEO Michael Burke von Louis Vuitton kann Virgil Abloh menschlich gut: Auf Twitter äußert sich Virgil am Montagvormittag selbst lediglich mit einem geteilten Tweet: die Schlagzeile der New York Times: „Louis Vuitton Names Virgil Abloh as Its New Men’s Wear Designer“ Darin wird der Designer mit einem Telefon-Statement zitiert: Er fühle sich „elated“, was gleichzeitig „stolz“ und „ermutigt“ bedeutet. Was das meint, steht ein paar Zeilen später: einer jüngeren Generation den modernen Spirit des Hauses zu zeigen.

Und damit wird auch deutlich, was Louis Vuitton mit diesem Designer-Wechsel bezweckt: mit dem Street-Wear-Trend bei den Umsätzen noch mehr zuzulegen. 2017 hat der mächtigste Modekonzern LVMH abermals einen Rekordumsatz gemacht – und das in einem sonst stagnierenden Modemarkt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company hat der Street-Wear-Sektor der gesamten Luxus-Marken-Branche 5 Prozent mehr Umsatz beschert.

Louis Vuitton ist diesen Weg bereits mit der Kooperation mit der Skateboard-Marke Supreme gegangen und setzt ihn nun mit Virgil Abloh konsequent fort. „Genau dieses Zusammenspiel zwischen Luxus und Subkultur beherrscht auch Virgil Abloh perfekt“, erklärt die Vogue, die mutmaßt, dass Abloh sogar die Womenswear übernehmen könnte.

Seinen Einstand feiert er nun erst einmal im Juni mit der nächsten Männermode-Kollektion. Mit dem Auflegen im Berghain wird es dann vorerst vorbei sein.